Kreis Göppingen. Der Kreisseniorenrat hat sich über die Aufgaben und Handlungsfelder der Heimaufsicht informieren lassen. Melanie Müller von der Heimaufsicht im Landratsamt schilderte die gesetzlichen Anforderungen, die die Alten- und Pflegeheime, 45 an der Zahl im Kreis, erfüllen müssen.
Sämtliche Heime werden in der Regel jährlich mindestens ein Mal unange-meldet überprüft, ob die Verhältnisse bezüglich Hygiene, Dienstplänen, insbesondere aber ob die Qualität der Pflege in Ordnung ist. „Wir wenden ein Stichprobenprinzip an und inspizieren die Neben- und Funktionsräume der stationären Einrichtungen sowie die ordnungsgemäße Bereithaltung und Verwahrung von Medikamenten und Betäubungsmitteln darauf, ob die gesetzten Normen erfüllt werden“, erläuterte die Mitarbeiterin des Landratsamts.
„Die Patientenzimmer dürfen wir allerdings nicht ohne weiteres betreten, sondern nur, wenn die Bewohner dies ausdrücklich gestatten“, betont Müller. Über die Kontrollgänge wird ein Protokoll erstellt, das im Heim zur Einsichtnahme bereit gelegt oder als Aushang öffentlich zugänglich sein soll. „Wir befragen anhand einer Checkliste die Heimleitungen zu den einzelnen Punkten“, gewährt Melanie Müller einen kleinen Einblick in ihre Tätigkeit.
Der Beamtin stehen für die Heimbegehungen jeweils eine Ärztin bzw. ein Arzt und eine externe Pflegekraft zur Verfügung, die die Prüfbesuche in den Heimen gemeinsam vornehmen. Jedes Pflegeheim muss konkrete Vorgaben für das vorzuhaltende Personal erfüllen, gegenwärtig sind das in einer Tagschicht mindestens eine Pflegefachkraft pro 30 Bewohner, in der Nachtschicht eine Pflegefachkraft für 45 Bewohner. Dies sind gesetzliche Mindeststandards, von denen nur auf Antrag im Einzelfall zeitlich befristet abgewichen werden darf, so Müller.
Die Landesheimbauverordnung verlangt, dass bis zum 31.08.2019 in den Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Behinderteneinrichtungen im Regelfall Einzelzimmer bereit gehalten werden müssen, nur auf besonderen Antrag darf noch ein Doppelzimmer, zum Beispiel für Ehepaare, akzeptiert werden. Wie in der Sitzung des Kreisseniorenrates zu erfahren war, haben 17 Einrichtungen bisher ohne Begründung keine Stellungnahme zur Anfrage der Prüfungsbehörde, in welchem Stand sich die Anpassung der Einrichtung an die gesetzlichen Vorgaben der Landesheimbauverordnung befindet, abgegeben. Die Heimaufsicht ist, so Müller, auch für Beschwerden von Bewohnern oder ihren Angehörigen zuständig. Gegenwärtig werden 19 einschlägige Beschwerden bearbeitet. Die Heimaufsicht geht den Beschwerden gewissenhaft nach und dokumentiert ihre Maßnahmen. Am Rande hat Melanie Müller darauf hingewiesen, dass Leitungen und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen grundsätzlich keine Spenden entgegennehmen dürfen. Anerkennungen bis einmalig 50 Euro pro Jahr können jedoch auf Antrag bei der Heimaufsicht toleriert werden.
Melanie Müller ging auch auf die verschiedenen Arten stationärer Einrichtun-gen ein und beschrieb die Grenzen der Zuständigkeit der Heimaufsicht. So darf diese nicht in selbst verantworteten Wohngemeinschaften, von denen es gegenwärtig nach Kenntnis der Heimaufsicht im Kreis Göppingen sieben gibt, tätig werden. Sie wies in diesem Zusammenhang dezidiert darauf hin, dass in der Regel kommerzielle Anbieter von Betreutem Wohnen außer der Zurverfügungstellung der Räume keine weiteren Betreuungsleistungen erbringen und Leistungen darüber hinaus von den Bewohnern selbst getragen werden müssen, soweit nicht Kostenträger dafür in Anspruch genommen werden können.
Sobald aber eine soziale Betreuung und/oder hauswirtschaftliche Versorgung stattfindet, ist die Heimaufsicht zuständig und führt nach den schon erwähnten Kriterien in den ersten drei Jahren unangemeldete Regelüberprüfungen durch. In diesen Wohnformen dürfen Pflege- und Unterstützungsleistungen jedenfalls nicht verpflichtend angeboten werden.
Ein Alten- und Pflegeheim darf aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht mehr als 100 Plätze anbieten, Ausnahmen sind auf Antrag auch hierzu denkbar, so die Referentin. Jede Einrichtung muss über eine Leitung verfügen, die fachlich und persönlich geeignet ist, muss an Weiterbildungsmaßnahmen regelmäßig teilnehmen und entsprechende Berufserfahrung aufweisen.
Der Vorsitzende des Kreisseniorenrates, Frieder Kauderer, vertrat die Auffas-sung, dass durch die im Laufe der Jahre immer umfangreicher gewordenen Dokumentationspflichten junge Menschen abgeschreckt werden, eine Ausbildung als Kranken- oder Altenpflegerin zu machen und in der Branche über mehrere Jahre zu bleiben. Der Beruf muss, so Kauderer, unbedingt attraktiver gemacht werden, wenn nicht die gesamte Struktur der Versorgung kranker und älterer Menschen zusammenbrechen soll. Die Landespersonalverordnung ist zwar, so Kauderer, ein Fortschritt, aber in Wirklichkeit nur ein „kleiner Tippelschritt“.
Begründete Anliegen wegen eines Problems in einem Heim können per Mail an die Adresse me.müller@landkreis-goeppingen.de gerichtet werden.
Harald Kraus